Es ist schon eine ganze Weile her und ich kann den Blog über unseren Jahreswechsel nur noch aus der Erinnerung zu Ende bringen. Dennoch gibt es einige Dinge, die mir sehr wohl noch im Gedächtnis geblieben sind. Sei es die Enttäuschung über das verpasste Feuerwerk oder The Real Marys Kings Close oder die verteufelte Treppe, die uns jeden Tag auf dem Weg in unser Hotel heimsuchte. Nach dem Grusel auf dem Greyfriars Kirkyard stand uns jedenfalls der Sinn nach Feiern und ohnehin mussten wir uns fesch machen für die Party aller Partys: der Jahreswechsel wartete auf uns und damit das riesige Feuerwerk – einer der Hauptgründe für unsere Reise ins gute alte Edi.

Mich faszinieren die dunklen engen Gasse – Andreas eher weniger
Bevor es ans Feiern geht, jage ich aber noch dem ein oder anderen Fotomotiv in Edinburghs Altstadt nach. Besonders angetan haben es mir die kleinen Gassen und Andi fühlt sich zunehmend genervt von meinem Gassenwahn. „Willst du jetzt jede kleine Gasse fotografieren?“ schimpft er. Ja, will ich. Besonders die „Worlds End Close“. Tatsächlich endete für viele Einwohner Edinburghs damals hier ihre Welt. Um in die Stadt zurückzukehren, mussten sie eine Gebühr entrichten und diese konnten sich Viele nicht leisten. Also verbrachten sie ihr gesamtes Leben innerhalb der Stadtmauern, die bis zur Worlds End Close reichten. Mich faszinieren die dunklen Gässchen und wir erkunden auch noch ein Literaturmuseum, was sich ebenfalls in so einer kleinen Gasse versteckt und bei Andreas ebenfalls keine Begeisterungsstürme auslöst. Besonders ein Gemälde muss ich mir genauer ansehen – es zeigt das Leben in den Closes, wie es eben damals war. Ärmlich, beengt und unter katastrophalen hygienischen Bedingungen. Andreas sucht sein Heil derweil in der Flucht. Nach einer Pizza in der Nähe meiner Lieblingsstraße konzentrieren wir uns auf das Wesentliche – den Jahreswechsel.
Nach so viel Grusel steht uns der Sinn nach Feiern

Hier feiern wir mit Butterbier aus dem Harry Potter Universum – überall kann man es in Edinburgh kaufen, trinken allerdings nicht
Später am Tag füllt sich die Royal Mile bereits merklich mit feierwütigen Touristen und Schotten, der Pegel steigt. Wir machen uns erst einmal auf den Weg ins „Hub“ und haben keine Ahnung, was uns nun erwartet. Wir entscheiden uns gegen schick und für praktisch, immerhin möchten wir uns die Option auf einen späteren Ausflug offen lassen. An der Location angekommen, wirkt alles aber doch eher schick. Viele der Gäste kommen im kleinen Schwarzen, einige aber genau wie wir in Jeans und Pulli. Eine bunt gemischte Gesellschaft findet sich im Hub, ein was uns mit seiner Architektur durchaus beeindruckt. Wir landen an einem Tisch mit einer illustren Gruppe Einheimischer und einem sehr schweigsamen Pärchen. Später erfahren wir, das sie aus Österreich kommen, in Glasgow wohnen und extra für das Feuerwerk den Weg auf sich genommen haben. „Wir sollten auf unsere Getränke aufpassen“, bemerkt Andreas zwischendurch. Offenbar findet die ein oder andere Droge ihren Weg in abgestellte Gläser. Man verspricht uns, um Punkt viertel vor Zwölf machen wir uns auf den Weg zu unserem mit gebuchten besonderen Aussichtsplatz.

Nicht unser letzter Silvesterbesuch in Edinburgh
Viel zu früh stehen wir schließlich vor der Tür, aber der Mann mit der gelben Weste geht einfach nicht los. Unerbittlich rückt Mitternacht näher und wir warten immer noch am Hub. Endlich, fünf Minuten vor Zwölf setzt sich die Menschentraube in Bewegung um schließlich vor einem verschlossenen Tor zu stehen. Wir hören die Menschenmassen auf den Ceilidhs schließlich den Countdown grölen – das Tor bleibt verschlossen. „Da unten müsste man stehen“, bemerkt Andreas und ich gebe ihm Recht. In mir kocht es, in ihm auch. Um Schlag Mitternacht ertönt die Ein-Uhr-Kanone auf dem Castle ohne das wir etwas sehen können. Die Tür bleibt zu und die Stimmung wirkt zunehmend aggressiv. Um uns herum, umgeben von hohen Häusern blicken viele Deutsche enttäuscht auf die wenigen Raketen, die wir ausmachen können. Irgendjemand tritt die Absperrung um und verbranntes Verpackungsmaterial regnet auf uns herab. Gesehen haben wir gar nichts. Außer ein verschlossenes Tor und hohe Häuser. Wir denken an die armen Österreicher, die jetzt noch zurück nach Glasgow müssen und umsonst diese Strapazen auf sich genommen haben. Auch wir trinken enttäuscht im Hub ein letztes Bier und schicken noch einen Facebook Post los. Mittlerweile haben uns die Veranstalter das gesamte Geld zurücküberwiesen und sich entschuldigt. Wir behalten die Feier also nicht negativ in Erinnerung – und wir kommen wieder.
Folge den Tigern – ein kalter Spaß am Neujahrstag
Am nächsten Tag wartet noch der Looney Duke auf uns. Ohne zu wissen, wo genau der nasse Spaß steigen soll, wandern wir zur nächsten Bushaltestelle. Das Finden stellt schließlich gar kein Problem dar, wir folgen einfach den zwei Tigern mit Badesachen im Gepäck, die mit uns in den Bus steigen. Andere lustige Gestalten steigen nach und nach zu, in Gesellschaft von Flamingos, Löwen und anderen Unerschrockenen landen wir schließlich in Süd-Queensferry. Uns bleibt noch genug Zeit für einen Kaffee und das ein oder andere Foto. Mir gefällt die Stimmung beim Loony Dook. Auf den Booten um uns herum feiern die Menschen und man freut sich auf den Wahnsinn, bei Temperaturen um die 0 Grad ins eiskalte Wasser zu springen. Verkleidet, wohlgemerkt. Loony Dook setzt sich übrigens aus den schottischen Wörtern „loony“ und „dooke“ für „Baden“ zusammen. Neben uns stehen dick eingepackte Zuschauer mit Hund und Kaffee, am Strand gegenüber warten die Verrückten auf den Sprung ins Wasser. Es macht einfach Spaß, hier zu stehen und die Atmosphäre zu genießen. Ganz nebenbei haben wir noch einen super Ausblick auf die Brücken, die den Firth of Forth berühmt machen.

Der Firth of Forth bei strahlend blauem Himmel
Wir kommen mit Sicherheit wieder
Mit lautem Gejohle, Musik und vollkommen furchtlos waten schließlich hunderte Menschen ins Wasser. Ich fröstele bei dem Anblick und später treffen wir einen der Akteure an der Bushaltestelle wieder. Er zittert am ganzen Leib und erzählt mit blaugefrorenen Lippen, was für eine einmalige Erfahrung hinter dem Loony Dook steckt. Das glaube ich dem armen Kerl aufs Wort. Auf uns wartet eine weitere Portion Grusel – in den Mauern von The Real Marys Kings Close. Dazu aber mehr in einem Extra-Beitrag. Zunächst einmal steigen wir wieder in den Bus und lassen unsere Reise noch einmal Revue passieren. Denn schon am nächsten Tag geht es wieder nach Hause. Ganz sicher möchten wir noch einmal zum Jahreswechsel nach Edinburgh – und einiges anders machen. Zum Beispiel den Jahreswechsel auf einem Ceilidh erleben und nicht hinter hohen Mauern. Ansonsten bleibt Edinburgh eine bunte, kreative, verrückte und absolut sehenswerte Stadt – immer wieder aufs Neue. Selbst wenn man nur shoppen geht. Hinter dem kleinen Souvenirladen am Castle zum Beispiel steckt ein riesiges Labyrinth voller Harry Potter, Accessoires nebst einem Pipemaker, der inmitten der Einkaufsmeile eine kleine Werkstatt besitzt. Langeweile gibt es in Edinburgh nicht.

Hunderte Menschen stürzen sich beim Loony Dooke ins eiskalte Wasser
Abschließend habe ich noch einmal alle Beiträge und Fotos für Euch hier zusammengefasst. Ich hoffe Ihr habt die Reise nach Edinburgh genauso genossen wie wir. Schon nächste Woche gehts erneut auf Reisen und Euch erwartet ein Foto-Beitrag über das alte Seewerk bzw. den Bunker Falkenhagen. Natürlich steht auch noch der Beitrag über Real Marys Kings Close aus, von dem es allerdings so gut wie keine Fotos gibt. Wir durften nicht.
- Edinburgh´s Hogmanay – einmalig, gruselig, witzig, heiß, kalt und alles zusammen (1)
- Edinburgh´s Hogmanay – mit einem Abstecher in die Welt der Geister (2)
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