Alles zusammen genommen zeichnet ein spektakuläres Gesamtbild

Mehr als blau – der Sapphire Pool
Vieles am Yellowstone Nationalpark hat mich auf unserem Roadtrip durch Amerika und Kanada tief beeindruckt. Um das geschützte Areal zu beschreiben, könnte ich einen ganzen Roman schreiben und ich bin mir sicher, dass dieses Juwel schon viele kreative Köpfe inspiriert hat. Was aber macht den Nationalpark so faszinierend? Die Farben? Oder das Tierleben, welches sich um eine einmalige vulkanische Landschaft abspielt, die sich mit dichten Wäldern und weiten Ebenen abwechselt? Mit Sicherheit spielt nicht nur einer dieser Faktoren bei der Faszination Yellowstone eine Rolle. Alles zusammen zeichnet ein spektakuläres Gesamtbild, welches vor allem durch seine Extreme besticht. So spricht zum Beispiel die Website „Urlaubsguru“ von einem der beeindruckendsten Nationalparks der Welt. Mir fehlt zugegeben bis auf Banff der Vergleich, ich kann dieser These jedoch nur zustimmen. Alles im Park wirkt kräftiger, spektakulärer, anders als anderswo. So schillert der Sapphire Pool nicht einfach nur blau, sondern tief azurblau mit einer Intensität, die man kaum auf die Kamera bekommt. Mit seinen 8.987 Quadratkilometern gilt der Yellowstone Park als der größte Nordamerikas. Unser Saarland passt ganze dreieinhalb Mal hinein und damit entspricht das geschützte Gebiet etwa der Größe von Korsika.

Überall brodelt, dampft und spritzt es auf dem Supervulkan
Eine Superlative mit spannender Geschichte

Bunt, spektakulär und anders als anderswo präsentiert sich der Yellowstone Nationalpark
Auch sein Alter, ein weiteres Extrem, zeichnet den Yellowstone aus. Um 1807 wagte sich der Trapper John Colter als erster Weißer in das Gebiet, welches damals vor allem Indianer besiedelten. Obsidiangestein eignete sich hervorragend zur Herstellung von Schneidewerkzeugen und Pfeilspitzen. 1810 kehrte Colter aus der Wildnis zurück, seine Schilderungen fanden jedoch keine Beachtung. Erst der Geologe Ferdinand V. Hayden interessierte sich für Colters Ausführungen und stellte eine Expedition zusammen. Der Wintereinbruch vereitelte das Unterfangen jedoch, noch bevor die Teilnehmer am Ziel ankamen. Erst nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg erwachte das Interesse erneut. 1869 startete die Folsom-Expedition und führte zum Erfolg. Ausgestattet mit mit Pferden, Waffen und Forschungsgegenständen, jedoch ohne militärischen Schutz folgten David E. Folsom, Charles W. Cook und William Peterson dem Yellowstone River bis zum Yellowstone Lake. Sie drangen tief in das Hauptgebiet der Geysire ein und kehrten nach drei Wochen zurück. Trotz der geglückten Expedition galten die schriftlichen Notizen der Abenteurer als schlicht unglaubwürdig. Lediglich das Western Monthly Magazine druckte sie ab.

Die Sinterterrassen von Mammoth Hot Springs – ein Beispiel für die vielen Highlights des Parks

Heute kann der Park beides – schützen und begeistern
Montanas Generalinspektor Henry Dana Washburn jedoch glaubte den Berichten und stellte ein zweites Team zusammen. Diese folgende Expedition gab dem Geysir „Old Faithful“ seinen Namen aufgrund seiner regelmäßigen Ausbrüche. Seit 300 Jahren hat sich daran nichts geändert. Woher die Geysire und Schlammtöpfe ihre Energie nehmen, gibt der Wissenschaft Rätsel auf – bis heute. Man fand heraus, das die Energie, die unter anderem auch den „Old Faithful“ antreibt, von ganz unten kommt. Aus dem Erdkern. Erst jetzt witterte die Presse eine Story und berichtete. Im Laufe der Jahre rückten die weißen Siedler weit nach Westen vor und verdrängten sowohl die Indianer als auch Pflanzen und Tiere. Die Rocky Mountains galten bald als letztes Rückzugsgebiet. Umweltschützer forderten ein geschütztes Gebiet und die Parlamentarier in Washington D.C. zeigten sich beeindruckt von den Berichten und Fotos aus dem Yellowstone-Gebiet. 1872 erließen sie schließlich ein Gesetz zum Schutz und am 1. März 1872 wurde der erste und somit älteste Nationalpark der Welt geboren. Ein weiteres Extrem. 10.000 heiße Quellen mit 3.000 Geysiren hatten die Politik überzeugt. Verändert hat sich der Grundgedanke des Nationalparks allerdings schon. Nicht der Umweltschutz, sondern das Vergnügen des Menschen stand bei der Gründung des Yellowstone Nationalparks im Vordergrund. Heute kann der Nationalpark beides – schützen und begeistern.

Eine bizarre Landschaft, die durch viele Extreme besticht
Nüchterne Fakten machen einem klar, dass hier die Natur das Sagen hat

In regelmäßigen Abständen zeigt der „Old Faithful“ was er kann
Und das tut er in jeder Hinsicht. 62 Prozent aller weltweit existierenden heißen Quellen liegen im Yellowstone Nationalpark, einem gigantischen Vulkan, einem weiteren Extrem. 80 Kilometer lang, 40 Kilometer breit und 10 Kilometer mächtig – allein die Ausmaße der Magmakammer im Yellowstone-Vulkan machen einem klar, dass die Natur hier das Sagen hat. Sie liegt in acht Kilometern Tiefe Mit dem Steamboat-Geysir beheimatet der Park eine weitere Superlative. 90 bis 130 Meter schießt das Wasser aus dem Geysir in die Höhe, damit trägt der Steamboat-Geysir den Titel des größten aktiven Geysirs der Welt. Ihn übertrumpft in der Höhe nur der bereits angesprochene Sapphire Pool. Ebenfalls auf die Liste der Extreme gehört der Grand Prismatic Spring, die drittgrößte Thermalquelle der Erde. 49 Meter tief und 75 mal 91 Meter groß leuchtet sie tiefblau, die Randbereiche schillern im Sommer orange und im Winter dunkelgrün. In jeder Hinsicht besticht dieser Park durch Superlativen. Im Wald dampft und brodelt es, geothermale Felder die in den aberwitzigsten Farben leuchten durchziehen die Ebenen. Pflanzen gibt es in diesen Ebenen nicht, aber dafür andere Wunder. Farbwunder, Vulkanwunder und Geysire. Im gesamten Park mangelt es an der Pflanzenvielfalt jedoch nicht.

Tiere bekommen wir im Yellowstone satt vor die Linse. Ab und an braucht es jedoch ein besseres Teleobjektiv und vor allem – Geduld
186 bekannte Flechten- und 2.000 Pflanzenarten wachsen im Yellowstone. Und um es mit den Worten eines Mit-Urlaubers zu sagen: das „Animal Life“ hier bleibt einmalig. Wir konnten uns selbst davon überzeugen. Vieles im Yellowstone speichert man als einmalig ab. In unserem Fall den Wolf, die Bären, die Farben sowie die außergewöhnliche Kraft der Natur. Sie zeigt sich im Dampf, der aus der Erde schießt, in den Temperaturen der heißen Quellen oder in den Wassermassen, die am Lower Fall über die Kante stürzen. Alles dort steht unter Druck, man spürt es überall. Im Yellowstone geht es nicht um das Gewöhnliche, es geht um Superlativen. Der Park bietet von Allem ein bisschen mehr – ein tieferes Blau, sattere Farben, reißendere Gewässer, einfach eine Prise mehr Natur. 290 Wasserfälle gibt es im Park mit einer Fallhöhe von mindesten viereinhalb Metern. Den für uns beeindruckendsten Fall haben wir besucht. 94 Meter tief stürzen die Wassermassen am Lower Fall in den Grand Canyon des Yellowstone Nationalparks. Sie überragen in der Höhe sogar die Niagarafälle um das Doppelte.

Der Lower Fall – der Wasserfall sorgte mit seiner puren Kraft und seinen Wassermassen bei uns Beiden für absolute Begeisterung
Für einige Wunder des Yellowstone braucht es Geduld

Der Grand Canyon des Yellowstone Nationalparks, eine Landschaft aus einer anderen Welt
Für einige Wunder des Parks braucht man vor allem Geduld. Auch das lehrt uns die Natur. Wer den Yellowstone Nationalpark genießen möchte, sollte sich Zeit nehmen. Zeit für eine stellenweise bizarre Landschaft und für Tiere, die oft den Weg des geduldigen Beobachters und nicht die des knipswütigen Touristen kreuzen. Auch diese unbelehrbare Spezies haben wir mehrfach angetroffen. Leider kreuzen immer wieder einige „Unbelehrbare“ unseren Weg und den der Tiere. Warum muss ich für ein Selfie mit dem Wapiti auf Tuchfühlung gehen? Überall im Park stehen Schilder und das nicht ohne Grund. Bärenspray gehört hier zur Grundausrüstung, in Deutschland fällt dieses unter das Waffengesetz. Wer nah an die Tiere herangeht, trägt selbst die Schuld, wenn etwas passiert. Auf unserer gesamten Reise hören wir solche Geschichten und ich für meinen Teil kann darüber nur den Kopf schütteln. Mir reicht es vollkommen, die Wildtiere aus der Entfernung zu beobachten. Als absoluter Glücksfall für uns entpuppte sich ein Wolf. In den 1930er Jahren gab es im gesamten Park keinen Einzigen mehr. „Schlechte Tiere“ gehörten eben nicht ins Bild und noch heute genießt der Wolf in vielen Gebieten einen zweifelhaften Ruf. Bereits bei den Gebrüdern Grimm bekam er seinen Stempel aufgedrückt und tatsächlich tauchen auch in vielen Horrorfilmen Wölfe auf – immer im negativen Sinn. Im Fall des Yellowstone Nationalparks hat sich das Gleichgewicht erst nach der erfolgreichen Wiederansiedlung der gefürchteten Räuber wieder erholt. Ohne den natürlichen Feind konnten sich die Wapitis unkontrolliert vermehren, darunter litten wiederum die Pflanzen und in Folge die tierischen „Vegetarier“. Bibern fehlte das Baumaterial, einige Pflanzen und Bäume wuchsen nur noch spärlich bis gar nicht mehr. Heute leben im Nationalpark knapp 100 Wölfe in drei großen Rudeln. Für den Yellowstone erwies sich der „böse Wolf“ als absoluter Glücksfall und Retter in der Not. Für uns als ein absolutes Highlight des einmaligen „Animal Life“ im Nationalpark.

Wie ein Phönix steigt der Park aus der Asche auf – immer und immer wieder

Tote oder versteinerte Bäume säumen die geothermalen Felder. Ablagerungen zerstören die Pflanzen in diesen Ebenen.
Leicht haben es die Pflanzen auf dem Supervulkan übrigens ohnehin nicht. In der Nähe der Schlammtöpfe, Geysire und heißen Quellen sorgen Sinterablagerungen für tote und sogar versteinerte Bäume. 1988 zerstörte ein Waldbrand ganze 4000 Quadratkilometer des Parks. 2300 Quadratkilometer Wald verbrannten völlig, auf 1450 Quadratkilometern loderte das Unterholz und auf 250 Quadratkilometer standen Büsche und Gräser in Flammen. Noch heute sieht man die Schneisen der Zerstörung. Auch wir haben sie gesehen. Mehrere kleine Brände gerieten aufgrund der windigen und trockenen Witterung damals außer Kontrolle und führten zur größten Katastrophe im Yellowstone seit Beginn der Aufzeichnungen. Mehrere Monate wütete das Feuer und am 8. September 1988 musste der Park seine Pforten schließen. Ebenfalls zum ersten Mal seit Beginn der Aufzeichnungen. 9.000 Feuerwehrleute versuchten damals, das Feuer in den Griff zu bekommen, bald unterstützte das Militär die Bemühungen – umsonst. Erst ein Wetterumschwung stoppte das Inferno, welches viele Regeln im Umgang mit Bränden in Frage stellte. 36 Prozent des Parks wurden verbrannt. Langfristige Folgen für das Ökosystem Yellowstone blieben jedoch aus und heute legt man die Brände gezielt und kontrolliert, um Katastrophen wie die Feuersbrunst von 1988 zu verhindern. Diese kleineren Feuer bringen sogar Vorteile für Flora und Fauna, Bäume und Pflanzen vermehren sich schneller.
Wie ein Phönix aus der Asche
Im Grunde genommen liegt dem Yellowstone Nationalpark also ein Akt der Zerstörung zugrunde, der etwas vollkommen Neues geschaffen hat. Völlig zu Recht zählt der Park zum UNESCO Weltnaturerbe. Für mich zählt er zu den wundervollsten Dingen, die ich in meinem Leben je gesehen habe. Manchmal kommt man sich vor wie auf dem Mars oder in einer fernen Galaxie, an anderer Stelle holt einen die pure Kraft der Natur auf den Boden der Tatsachen zurück. Seit 17 Millionen Jahren gilt der Yellowstone-Hotspot als aktiv. Nicht wir herrschen über die Natur, sie herrscht über uns. In diesem einzigartigen Park spürt man das sehr deutlich.

Nicht wir herrschen über die Natur – in diesem Park wird einem diese Tatsache bewusst.
Wie bereits im Blog versprochen, habe ich noch einmal alle Bilder des Yellowstone-Abenteuers für Euch in einer Galerie zusammengefasst.
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