
Als wir dieses Selfie schießen, möchte ich schon wieder zurück
Es gibt Dinge im Leben, die schlagen eine Saite tief in unserem Inneren an und bei jeder Erinnerung vibriert diese Saite, Gefühle kommen ins Rollen. Sie bleiben so intensiv wie am ersten Tag. Diese Dinge bleiben rar, aber der Yellowstone National Park gehört für mich zu eben jenen Wundern, die man für immer im Herzen mit sich trägt. Vier Tage haben wir in dem 8.978 Quadratkilometer großen Areal verbracht und längst nicht alles gesehen. Ich möchte mehr erleben. Irgendwann. Ganz sicher kommen wir wieder. Am letzten Tag gönnen wir uns noch einmal den Ausblick auf den Grand Prismatic Spring und nehmen Abschied. Mir fällt er schwer und ich möchte zurück, bereits als wir dieses Foto schießen.

Der Dauerregen ermöglicht das Camper-Rundum-Glücklich-Programm
Da es seit dem frühen Morgen regnet und wir morgen leider den Yellowstone Nationalpark verlassen müssen, steht heute der Camper-Rundum-Wäsche-Service auf dem Programm. Es geht an die Dumping-Station, an die Waschmaschinen – nur auf Gas haben wir keine Chance. Es regnet sich ein und der Himmel sieht bedrohlich aus. Immerhin haben wir so Zeit zum Wäsche waschen. Gierig verschlingen die Maschinen drei Dollar in Münzen und der Camper dient kurzerhand als Wäschetrockner für die T-Shirts und Pullover. Später am Tag beschließen wir trotz Dauerregen noch einmal in den Park zu fahren, das wollen wir uns am letzten Tag in West Yellowstone nicht entgehen lassen. Viel Andrang herrscht bei dem Wetter nicht, aber aufgrund der Nässe verschieben wir das Abschiedsfoto am Eingangsschild trotzdem auf später.
Ein seltener Anblick direkt hinter der nächsten Kurve

Büffel über Büffel – diese Herde umfasst deutlich mehr als 50 Tiere
Heute haben wir Glück, gleich hinter der ersten Kreuzung bildet sich eine der berühmten Autoschlangen. Eine ganze Büffelherde mit vielen Jungtieren grast in der Ebene. Die Tiere kommen sehr nah an die Straße heran und lassen sich durch die Fotografenmeute nicht stören. Jeder möchte hier ein Foto. Es sieht aber auch einmalig aus – eine riesige Herde trotzt dem Regen, einige Mütter suchen mit den Kleinen Schutz unter den Bäumen. Büffel über Büffel, ich kann gar nicht schätzen, wie viele Tiere wir hier auf einen Blick sehen. Aber unserer Ahnung nach bleibt dieser Anblick ein seltener Glücksfall. Vereinzelte Büffel sieht man hier relativ häufig, aber so viele – ein Traum. Noch Wochen später erzählen wir uns davon, die zottigen Riesen verteilen sich über die gesamte Ebene und nach zig Fotos geben wir auf, die Jungtiere zu zählen. Auch sie tragen bereits ein dickes Fell, sehr viel heller als das der Mütter. Innerhalb der ersten drei Monate färbt sich das Fell der Kleinen ebenfalls schwarzbraun, die Tiere müssen also noch jung sein. Ein ausgewachsener Büffel wiegt ca. eine Tonne und nach meiner Recherche umfasst eine Herde ca. 50 Tiere. Diese Gruppe überbietet die Anzahl, daran zweifeln wir nicht. Zwar können wir uns nicht satt sehen, aber wir haben ja noch ein Ziel. Wir fahren weiter zum Midway Geysir Bassin. Den Grand Prismatic Spring möchten wir uns ein zweites Mal anschauen. Auf dem vollen Parkplatz haben wir Glück, ein kleiner Junge winkt uns heran und beschert uns so den letzten Parkplatz in der Reihe.

Der Dampf umhüllt alle Besucher, oft erkennt man sie nur noch als Schemen hinter einer Nebelwand

Ein Abschied, der mir sehr schwerfällt – die schillernde Welt des Yellowstone müssen wir heute verlassen
Anstatt schillernder Farben sehen wir heute aber vor allem Rauch. Gerade aus dem Geyser kommen Massen, die alle Besucher einhüllen. Die Wassertemperatur beträgt hier eben 70 Grad und draußen ist es kalt. Bereits 1880 ging dieser Geyser in mehreren Eruptionen hoch – 50 bis 300 Fuß Höhe betrug das Maximum. Dieser Geselle scheint äußerst aktiv und es sei nur eine Frage der Zeit bis zur nächsten Eruption. Von 1880 an bis heute gab es hier mehrere davon. Allein die Größe des Geysers beeindruckt. Menschen quietschen mit ihren Turnschuhen über die Planken und immer wieder sehen wir Asiaten, die mit großem Enthusiasmus Blumen fotografieren. Die Zwei vor uns haben eine blühende Distel im Visier. Das lautstarke „Oh“ zeugt von echter Begeisterung. Uns beeindruckt der Grand Prismatic Spring. Er misst 61 Meter im Durchmesser. Magma heizt das Wasser, welches durch Risse im Felsen wieder an die Oberfläche kommt. 500 Gallonen Wasser aus dem Hot Spring fließen pro Minute in den Firehole River. Diese heiße Quelle gilt im ganzen Nationalpark als die Farbenprächtigste, leider versperrt uns der Dampf heute die Sicht darauf. Aufgrund des nahen Donnergrollens machen wir uns lieber auf den Rückweg zum Auto. Auf der gesamten geothermalen Ebene bilden die Besucher nun einmal den höchsten Punkt und wir möchten nicht als Blitzableiter dienen. Vor uns rennt eine Asiatin im einsetzenden Regen wie das berühmte aufgescheuchte Huhn in Richtung Ausgang. Wild gestikulierend schreit sie irgendwas. Ich bin sicher, sie hat eine Wasserallergie. Wir verabschieden uns endgültig aus dem Nationalpark – leider.
Es überrascht mich, wie schwer mir der Abschied tatsächlich fällt
Damit verlasse zumindest ich den faszinierendsten Flecken Erde, den ich in meinem Leben jemals gesehen habe. Dieser Abschied fällt mir nicht leicht und ich bin selbst überrascht, wie schwer er mir tatsächlich fällt. Jeder Tag brachte ein neues wundervolles Abenteuer, ein neues Wunder und Dinge, an die ich noch mein ganzes Leben lang denken werde. Selbst jetzt, im Nachhinein, während ich an meinem Blog sitze, rührt der Yellowstone mich noch zu Tränen. Etwas so Einzigartiges und Grandioses werde ich immer in meinem Herzen tragen. Nicht wir herrschen über die Natur. Sie muss nur den kleinen Finger rühren und wir alle müssen uns ihr unterordnen. Eine grandiose Etappe unserer Reise findet mit einem letzten Abschiedsfoto am Eingangsschild ein für mich sehr emotionales Ende. Ich kann nicht in Worte fassen, was ich in diesem Moment empfinde. Ich weiß nur, der Yellowstone bleibt eine kostbare Erinnerung für das Leben, von denen es nur sehr Wenige gibt.

Mal bedrohlich, mal wie von einer anderen Welt aber immer farbenfroh als hätte ein Kind den Tuschkasten ausgepackt – der Yellowstone Nationalpark

„Medium“ ist nicht überall „Medium“ – diese Pizza schmeckt sensationell lecker, war aber für Zwei gedacht
Dieser Abend hat einen würdigen Abschluss verdient und wir kehren zum zweiten Mal im „Goshers“ ein. Zwei Pizzen „medium“ sollen es sein. Während wir warten, tragen die Kellner Bleche mit wagenradgroßen Pizzen an uns vorbei. Mir dämmert, dass die „personized“ Variante für Einen, die „medium“ allerdings für Zwei gedacht ist. Ich soll Recht behalten. Als der Kellner serviert, fragt er direkt, ob wir aus Deutschland kommen. Apropos – während wir mit dem Wagenrad kämpfen, betritt ein deutsches Ehepaar das Restaurant. Unschlüssig stehen sie am Tresen der offenen Küche und studieren die Karte, die sie sich frech gemopst haben. „Sieht ganz gut aus“, sagt er, „ist auch gut besucht“, sagt sie. Am „waited to be seated“ – Schild sind sie offenbar einfach vorbeigelaufen. Eifrige studieren die Beiden die Gerichte, wir mampfen derweilen die beste Pizza der Welt, lassen uns den Rest einpacken und zahlen. Ob sie essen wollen oder nicht, wissen unsere Landsleute immer noch nicht. Andreas und ich verlassen das Goshers und einigen uns schnell darauf, noch nie eine so leckere Pizza gegessen zu haben. Uns folgt das Ehepaar, sie wirken etwas ärgerlich. Vielleicht hat sie in der Küche ja keiner bedient. Beim Einkaufen treffen wir die Urlauber wieder, sie kaufen Bier. Ob sie wissen, das hiesiges Bier tatsächlich nach Mundwasser schmeckt? Wir haben es getestet – und es stimmt. Am Abend opfert sich Andreas und trinkt das Mundwasser, dessen Namen ich hier nicht nennen will, aus. Ich für meinen Teil vergesse prompt die tiefe Pfütze vor dem Trailer, als ich ihn für eine Zigarette verlassen möchte. Platsch – mitten rein. Ich trage nur Latschen, Andreas lacht sich kaputt.
Es geht weiter – quer durch Amerika
Für uns geht ein weiterer ereignisreicher, aber verregneter Tag zu Ende. Ich weine dem Park ein bisschen sehr nach, aber mal schauen, was noch folgt. Morgen geht es weiter – quer durch Amerika. Ein Wahnsinnstrip.

Hinter einer dicken Nebelwand verstecken sich heute die wenigen Besucher
Wie gewohnt folgen an dieser Stelle alle Teile des Amerika-Kanada-Trips noch einmal als Link und die Impressionen des Tages. Wie versprochen arbeite ich an einem gesonderten Beitrag über den Yellowstone, indem ich auch noch einmal alle Bilder aus dem Park in einer flickr-Galerie zusammenfassen werde. Nun aber erst einmal viel Spaß mit den Regenbildern dieses Tages!
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