Ahoi! Erinnert Ihr Euch? Im letzten vierten Beitrag ging es quer durch Montana, ein durchaus „huftiergeeignetes“ Land. Für mich bleibt Montana das Pferdeland schlechthin und wir absolvierten zwar eine der längsten Etappen, aber auch eine der Schönsten. Ich habe mir überlegt, zu manchen Themen unserer Reise einen gesonderten Beitrag zu schreiben. Der Yellowstone National Park und der „Highway of Teams“ gehören dazu. Im Nachhinein betrachtet haben diese beiden Stationen die meisten Spuren bei mir hinterlassen, einmal im negativen und einmal im positiven Sinne. Im Laufe der Woche geht also ein Extra-Beitrag zum Thema Yellowstone raus. Zunächst einmal aber erobern wir den Park, viel Spaß mit der heutigen Reiseetappe in einem der schönsten Flecken Erde, den ich jemals gesehen habe! Das meine ich absolut ernst. Noch weiß ich nicht, wie schwer mir der Abschied später fallen wird….
Wir kommen vor lauter „Wow“ gar nicht bis zum ersten Ziel des Tages
Heute kommen wir erst relativ spät aus den Federn. Vielleicht wegen der totalen Reizüberflutung, an der ich schon leide, seit wir unseren Roadtrip begonnen haben. Der Yellowstone National Park wartet auf uns ich kann mir wirklich gar nicht vorstellen, wie es dort aussehen könnte. Jedenfalls kommen wir um halb zehn los, der Park beginnt direkt hinter dem nächsten Ort indem es von Gift-Shops nur so wimmelt. Wir bezahlen 35 Dollar und direkt hinter dem mächtigen Tor aus dicken Baumstämmen gibt es nichts mehr außer Wälder, schroffe Berge, Flüsse und weite Ebenen. Schilder warnen uns vor Büffeln. Es dauert auch gar nicht lang, bis wir die ersten zu Gesicht bekommen. Die Straße folgt einem Flusslauf, alle paar Meter sehen wir Angler, die teils bis zur Hüfte im Wasser stehen. Fliegenfischer nutzen die unberührte Natur. So tief wirken die Bergflüsse auf den ersten Blick gar nicht, aber das täuscht. Unser Ziel lautet zunächst einmal Old Faithful, aber soweit kommen wir gar nicht.

Als hätte ein Kind mit Tuschfarbe wild drauflos gemalt – so wirkt die magische Landschaft im Yellowstone

Weißer Schlamm blubbert unter und am Weg
Hinter der nächsten Kreuzung wartet der erste Höhepunkt auf uns. Vulkanisches Gelände löst die weiten Grasebenen ab. Vereinzelte Bäume ragen wie Finger weiß und tot in den Himmel. Auf befestigten Stegen lässt sich das thermale Gelände mit seinen „Pools“ und „Bassins“ erkunden. Überall dampft es aus der Erde. Schwefelgeruch liegt in der Luft. Die „Pools“ sehen tatsächlich aus wie ein Swimmingpools, sie glitzern in azur- und saphirblau, nur der Dampf sagt einem, dass man vielleicht besser nicht hineinspringen sollte. Die Landschaft wirkt als hätte ein Kind seinen Tuschkasten ausgepackt, sie schillert in den aberwitzigsten Farben und uns bleibt der Mund offenstehen. Überall dampft und brodelt es. Eine nette junge Frau bietet uns an, ein Foto von uns zu schießen und natürlich nehmen wir das dankend an. Etwas weiter oben am Weg blubbert es weißen Schlamm und deutsches Pärchen neben uns sagt: „Wenn das hochgeht, gibt es aber eine ganz schöne Sauerei!“ Wo er Recht hat…..
Eine Landschaft aus einer scheinbar vollkommen anderen Welt – als hätte ein Kind seinen Tuschkasten ausgepackt

Wie ein Szenario aus einem Science-Fiction Film kommt der Yellowstone daher…
Dampf nebelt uns ein, als wir das schillernde Blau des Wassers bewundern. „Hey“, bemerkt Andreas, „in dem Dampf ist lauter Asche!“ Es stimmt, graue Ascheflocken sammeln sich auf meiner Kamera und leider auch auf meinen Objektiv. Wir gehen weiter, Japaner mit Selfie-Stangen drängeln sich auf dem Gehweg. Manche der Geysire spucken fleißig ihr heißes Wasser aus und ich schaffe es tatsächlich einen Ausbruch aufs Bild zu bannen. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr mich die Vulkanlandschaft mit ihren irren Farben fasziniert. Man bekommt den Eindruck, sich auf einem völlig anderen Planeten zu befinden. So surreal, bunt, intensiv und faszinierend leuchtet die Erde hier. Aber davon sollen wir heute noch mehr zu Gesicht bekommen. Zunächst konzentrieren wir uns wieder auf Old Faithful. Auf dem Weg dorthin kommen wir noch an einigen geothermalen Feldern vorbei, die wir uns auf dem Rückweg anschauen möchten. Vorn an der Straße fließt der Fluss, direkt dahinter öffnet sich die Erde und zeigt ihr Inneres auf beeindruckende Weise in schillernden Farben. So etwas bekommt man wirklich nicht oft im Leben zu Gesicht. Immer öfter begegnen uns Raben, die etwa doppelt so groß wirken wie unsere in Deutschland. Wie schlau diese Vögel sind, werden wir später noch merken.

Old Faithful – ein Naturspektakel, welches man nicht jeden Tag erlebt. Zwei Stunden Warten hat sich gelohnt
Auch auf dem Parkplatz des Old Faithful, wo es Motels und sogar eine Klinik gibt suchen die Raben nach etwas Essbarem. Ich kann den Geysir in der Ferne ausmachen und Andreas soll Recht behalten. Bis zur nächsten Eruption bleiben uns tatsächlich noch zwei Stunden Zeit. Wir nehmen auf den Bänken Platz, die wie im Amphitheater rund um den Geysir stehen. Es dampft, aber sonst tut sich nichts. Menschen mit Kameras und Selfie-Sticks bewaffnet warten darauf, dass der Geysir sich räuspert. Das tut er aber nicht. Ich friere, bereits im letzten geothermalen Feld haben wir diverse Hüte und Mützen abseits der Stege entdeckt. Es stürmt gewaltig und erst am Abend sollen wir merken, wie heiß die Sonne trotz dessen brennt. Zunächst jedoch frieren wir.
Old Faithful – die Vermarktung eines Naturwunders

Nette Menschen für ein Foto begegnen uns überall
Nach anderthalb Stunden Wartezeit gibt der Old Faithful tatsächlich etwas von sich. Schnell reiße ich die Kamera ans Auge, aber der Geysir präpariert sich noch eine Weile. Dann geht er hoch und ich fotografiere im Paparazzi-Modus. Anhand der Juchzer um mich herum merke ich, dass alle anderen ebenso fasziniert sind wie ich. Die Fontäne schießt mehrere Meter weit in die Höhe. Es brodelt und es dampft. Das ganze Spektakel dauert keine fünf Minuten. „Wie geil das gewesen sein muss, als hier alles noch unberührt war“, sagt Andreas und ich stimme ihm zu. Was mich am Old Faithful stört, ist der Touristenboom und die augenscheinliche Vermarktung eines Naturphänomens. Old Faithful besitzt ein Reservoir, welches mindestens aus zwei Kammern besteht. Bis maximal 55 Meter schießt die Eruptionssäule in die Höhe. Bis 32.000 Liter Wasser schießen also innerhalb von fünf Minuten in die Natur. Beachtlich bleiben dabei die Temperaturen: In 22 Meter Tiefe beträgt die Wassertemperatur 118 °C. Trotz unserer Abneigung gegen den Touristenhype stöbern wir noch ein bisschen im Gift-Shop, nachdem Andreas seine Eiscreme verputzt hat. Immerhin haben wir den Jungs einer Freundin T-Shirts versprochen. Ich finde noch das Ein und Andere und wir bekommen sogar noch eine Kuscheldecke geschenkt. Vollbepackt geht es zurück zum Camper und wir vertagen die Wasserfälle auf den morgigen Tag.

Der Grand Prismatic Spring – ein gigantischer Farbtopf und ein beeindruckendes Erlebnis

Der Saphir Pool – so ein blau habe ich noch nie gesehen und vor lauter Blau stehen mir die Haare zu Berge
Heute geben wir uns die volle Dröhnung Schwefel und Blubberblasen. Unsere nächste Station ist das nächst gelegene Geothermalfeld. Auf dem Parkplatz herrscht dichtes Gedränge, aber wir finden einen Platz direkt hinter einem Dodge mit Fahrrädern auf der Ladefläche. Einer der riesigen Raben landet frech auf der Ladefläche. Angst kennt er nicht, er pflückt erst einmal die Vorräte der Autobesitzer auseinander. Der smarte Vogel findet eine Tüte, die ihm aber offenbar nicht gefällt. Er schmeißt sie einfach hinunter. Mit seinem Schnabel untersucht er stattdessen die Fahrradtaschen und findet eine Packung Kaugummi, die anscheinend eher seinem Geschmack entspricht. Mit der Leckerei im Schnabel fliegt er schließlich davon. Wirklich smart, diese Riesenraben. Wir schauen uns um. Ein kleiner Wasserfall trennt den „normalen Fluss“ vom Hochplateau der thermalen Ebene. Wieder schillert die Ebene in allen möglichen Farben. Hier tritt der Schwefelgeruch schon deutlicher zutage, er erinnert an faule Eier. Die Pools hier unterscheiden sich nur in einer Sache von den Anderen – einer davon, der „Saphire Pool“, schillert in eine so extremen blau, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe. Diese Farben bekommt man kaum aufs Foto, es fällt mir ohnehin schwer, die Kamera bei dem Sturm ruhig zu halten.
Nicht der Mensch steuert das Große Ganze – sondern die Natur. Eine klare Botschaft des Yellowstone
Die Quellen, die hier ihr heißes Wasser versprühen, wirken nicht ganz so groß wie im ersten Geothermalfeld, dafür riecht man den Schwefel mehr. Eine Mutter geht mit ihrem Sohn an uns vorbei. „That smells horrible“, beschwert sich der kleine Mann und ich kann ihn verstehen. Bereits am letzten Geothermalfeld begegneten uns einige Asiaten mit Taschentüchern vor dem Mund. Wir finden genau wie zuvor Mützen und Hüte, die der Wind von den Köpfen geweht hat. Es stürmt so stark, dass Andreas und ich mehrere Male das Gleichgewicht verlieren und aufpassen müssen, nicht abseits der Wege zu landen. Unsere letzte Etappe für heute beeindruckt mich mit Abstand am meisten. Wir haben es bereits auf der Hinfahrt zum Old Faithful ausmachen können, so viel Dampf gab es bei keinem anderen Feld. Ohnehin lässt mich die Größe des Parks nicht kalt. Büffel, Bären und Pumas sowie Wölfe leben hier auf einem riesigen Areal so, wie es sein sollte. Die Natur erinnert einen hier mit Nachdruck daran, dass nicht der Mensch über alles herrscht. Im Gegenteil. Hier wirken wir klein und die Natur gigantisch und das kommt der Wahrheit näher als alles andere. Wir sind klein gegenüber den Mächten der Natur. Sehr klein sogar.
Wir halten an unserem letzten Etappenziel für heute und schon von weitem komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wasserfälle ergießen sich in den Fluss, es dampft und Schwefel liegt in der Luft. Gelbe Ablagerungen finden sich überall auf den Steinen. Der Weg führt nach oben und nach ein paar hundert Metern kommt der Knaller. Ein riesiger Krater öffnet sich, das azurblaue Wasser darin scheint kochend heiß. Hier müssen wir einfach ein paar Selfies schießen. Eine atemberaubende Stelle. Mit Bildern lässt sich wesentlich besser beschreiben, wie gewaltig die Natur hier zuschlägt. Mit nichts was ich jemals gesehen habe lässt sich das hier vergleichen. Mit gar nichts. Wir gehen den Rundweg entlang und schon in der nächsten Kurve offenbart sich das nächste Highlight. Ein riesiger Pool, die winzigen Terrassen davor schillern braunrot, das Gestein gelbweiß und der Pool selbst azurblau. Dampf steigt auf, im Hintergrund dunkelgrüne bewaldete Berge. 70 Grad hat das Wasser hier.
Laut der Kassiererin liegt es am Akzent

Unser Sonnenbrand kann sich absolut sehen lassen
Mein Weitwinkelobjektiv macht sich hier bezahlt und auch an diesem Bassin liegen unzählige Mützen und Hüte im Wasser. Jetzt muss ich einen fotografieren. Auf dem Rückweg zum Camper hält Andreas mal versuchsweise die Hand ins Wasser. „Alterfalter“, sagt er, „ganz schön warm.“ Für heute platzen unsere Sinnesspeicher aus allen Nähten und wir machen uns auf den Rückweg. Während wir so durch die Wälder und Berge des Yellowstone National Park fahren, denke ich wieder an diejenigen, die Amerika einmal entdeckt haben. Büffel, Wald, Creeks, Berge und Bären – so muss sich das angefühlt haben. Hier fühlt es sich immer noch so an. Apropos Büffel, einer davon grast friedlich direkt an der Straße. Es bildet sich ein Stau, aber keiner verbreitet Stress. Alle warten, bis der Vordermann sein Foto geschossen hat und dann geht es gemütlich weiter. Take it easy – wir sind hier in Amerika.
Spät kommen wir in das kleine Städtchen direkt an der Grenze zum Yellowstone und lassen den Tag bei einem guten Burger ausklingen. Wir leuchten wie zwei frisch gestrichene Leuchttürme. Die Sonne haben wir durch die steife Brise gar nicht bemerkt, aber unser Sonnenbrand kann sich absolut sehen lassen. Gottseidank haben alle Supermärkte in den Staaten lange auf und wir decken uns erst einmal mit Sonnenmilch ein. Wieder fragt man uns, wo wir herkommen. Laut der Kassiererin liegt es am Akzent.
Im nächsten Blog geht es vor allem um Wasserfälle und die Irrungen und (Ver)Wirrungen der englischen Sprache. Glaubt mir, einer dieser Wasserfälle hat mich nachhaltig beeindruckt und mir noch einmal vor Augen geführt, wie klein das Rädchen des Menschen in der großen Maschinerie eigentlich ist. Ihr dürft Euch also auf einen Extra-Beitrag zum Nationalpark selbst außer der Reihe freuen und auf die nächste reguläre Reiseetappe am nächsten Dienstag. Nun aber erstmal wie gehabt viel Spaß mit den Bildern und wer die vergangenen Beiträge verpasst hat, kann hier alles nachholen.
- Roadtrip of my Life – ein langer erster Tag (1)
- Roadtrip of my life – ein sehr bayerischer Bergort in den Staaten und 336 Meilen weiter (2)
- Roadtrip of my life – irgendwie ermüdet das endlose „Geradeaus“ dann doch (3)
- Roadtrip of my life: eine lange Etappe bis zum Yellowstone – und auch die Schönste (4)
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